Olympia Sprenger
Moorburg zeigt Gesicht
Moorburg zeigt Gesicht
Wir befinden uns im Jahr 2019. Der gesamte
elbnahe Südteil Hamburgs brummt, rumpelt und piept vom geschäftigen
Betrieb des Hafens. Der gesamte Süden? Nein! Denn
die bekanntermaßen streitbaren Bewohner Moorburgs verteidigen
ihr einzigartiges Biotop, das bunte Dorf in der
Stadt. Dazu sollte man wissen, dass Moorburg der älteste Stadtteil im
Süden ist; es gehört seit 1375 zu Hamburg.
Früher war es das Tor zum Alten Land und Ausflugsziel. Vor dem Bau der
Elbbrücken hielt hier die Fähre über den Fluss.
Und den dörflichen Charme hat Moorburg sich bis heute erhalten - auch
wenn industrielle Großprojekte es von drei Seiten
in den Arm nehmen: im Norden der niemals ruhende Altenwerder
Containerterminal, im Westen die Autobahn A 7 mit
ihrem ständigen Rauschen und im Osten das nachts großzügig
beleuchtete Kohlekraftwerk mit seiner riesigen
Rauchwolke, der weithin sichtbaren Landmarke Moorburgs. Aber das ist
nur eine Seite der Medaille: Im Süden gibt es mit
den Resten des Niedermoors noch wertvolle Feuchtbiotope, die für den
Hamburger Biotopverbund und für den Artenschutz
eine wichtige Bedeutung haben.
Die Lage ist also speziell; aber einzigartig ist die
bunte Mischung von Menschen, die sich hier angesiedelt haben. Seit
dem Hafenerweiterungsgesetz von 1961 und dem Ankauf der
meisten Häuser durch die Stadt sind es neben den wenigen
Alteingesessenen immer mehr junge Leute und Familien
mit Kindern, die das dörfliche Leben (fast) mitten in Hamburg
schätzen - mit Hunden, Pferden, Fröschen und dem Pfau
Eduard. Das Beste ist aber eine Nachbarschaft, in der Gartenzäune
mehr verbinden als trennen und die man in anderen
Teilen der Hansestadt so schwerlich finden wird. Zur Lebensqualität in
Moorburg gehört auch ein überdurchschnittliches Maß an
zivilgesellschaftlichem Engagement. Der Elbdeich e.V. und die
weiteren Vereine mit ihren zahlreichen Aktivitäten rund
um Kunst, Kultur, Musik und Feieren tragen dazu gehörig bei.
Nicht zuletzt deshalb ist Moorburg ein Anziehungspunkt
für Kunstschaffende und Lebenskünstler.
Dieser reichen Vielfalt Moorburgs ein "Gesicht zu
geben" und die Menschen in Szene zu setzen, die dieses Leben prägen,
war der Ausgangspunkt für mein Foto-Kunst-Projekt, das
natürlich erst einmal nur einen Ausschnitt zeigen kann.
Ich bedanke mich herzlich bei allen Mitwirkenden und
der Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Harburg für die
Unterstützung. Ausstellung und Buch sollen zugleich
Aufforderung an Alle sein, sich gemeinsam mit den Bewohnern für
den Erhalt dieses lebens- und liebenswerten Dorfes in
der Stadt einzusetzen. Denn mit der Hafenerweiterung und dem
jetzt geplanten Bau der Autobahn A 26 Ost droht nicht
nur den geschützten Tier- und Pflanzenarten, sondern auch der
Gattung Mensch in Moorburg das Aus.
Olympia Sprenger